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Seltene Erkrankungen

Ektodermale Dysplasie

Doctor holding hands for comforting and care patient
Doctor holding hands for comforting and care patient
iStock/SARINYAPINNGAM

“Ihr Sohn leidet an der genetischen Erkrankung ektodermale Dysplasie. Es gibt 300 bekannte Fälle auf der Welt. Leider gibt es keine Heilung.“

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Ulrike Holzer

Stellvertretende Obfrau ProRare

Mit dieser niederschmetternden Diagnose, die nach 15 Monaten Suche endlich an der Hautklinik gestellt wurde, wurden wir entlassen. Was das für Eltern des ersten Kindes bedeutet, kann man sich vielleicht vorstellen. Nach dem ersten Schock machten wir uns auf die Suche nach Informationen und erfuhren, dass es in den USA eine soeben gegründete Patientengruppe für ektodermale Dysplasie gab. Das Wissen mit dieser Diagnose nicht allein zu sein, war eine ungeheure Erleichterung. Vor allem war es ein Ansporn, auch im deutschsprachigen Raum nach Betroffenen zu suchen. Diese Suche mit den Mitteln der frühen 1980iger-Jahre war erfolgreich und es fand ein erstes Treffen mit fünf Familien in einem Nebenzimmer eines Gasthofes statt. In den nachfolgenden Jahren wuchs mit dem Aufkommen von Internet und neuen Medien die Zahl der Mitglieder rasant an.

Heute umfasst die für den deutschsprachigen Raum (D-A-CH) tätige Selbsthilfegruppe Ektodermale Dysplasie e.V. über 300 Mitgliedsfamilien, was mindestens die doppelte Anzahl von Patienten bedeutet, da meistens mehrere Mitglieder in einer Familie betroffen sind. Diese werden durch Jahrestreffen, regionale Treffen, Newsletter, Homepage und Social-Media über alle für sie relevanten Informationen und Entwicklungen unterrichtet. Gerade für junge Familien, die mit der Diagnose zum ersten Mal konfrontiert werden, ist die Möglichkeit zum Austausch eine immens große Hilfe.

Dieser direkte Kontakt zwischen neuen betroffenen Familien und „alten Hasen“ ist ein wichtiger Aspekt der Selbsthilfe. Es geht um Information und Erfahrungsaustausch, um gegenseitige Hilfe und um Hilfe für außenstehende Betroffene. Ziel ist, den Umgang mit der Erkrankung und ihren Auswirkungen nachhaltig zu bewältigen. Die Gruppenmitglieder entwickeln eine besondere Kompetenz: die Betroffenenkompetenz. Darüber hinaus aber lässt sich auch ein Wandel im Aufgabenbereich und in den Tätigkeiten der Selbsthilfegruppe erkennen. Mit den Schlagworten „patient involvement“ und „patient empowerment“ kann man vielleicht am besten auf die in den letzten Jahren entstandene Professionalisierung hinweisen.

 Weg vom Sesselkreis-Image hin zu einer kompetenten, erfahrenen Patientenvertretung – diesen Weg hat, so wie viele andere Patientengruppen auch, die SHG Ektodermale Dysplasie eingeschlagen. So wird auch unter Einbezug der ganz speziellen Expertise der Patienten an der Entwicklung eines Medikaments gearbeitet, welches das lebensbedrohende Symptom der fehlenden Schweißdrüsen korrigiert.

In Zusammenarbeit von EspeRare, einer gemeinnützigen Stiftung, die gegründet wurde, um die Innovationslücke bei seltenen, pädiatrischen Erkrankungen zu schließen, und dem Kompetenzzentrum für Ektodermale Dysplasien in Erlangen, unter der Leitung von Professor Holm Schneider, sowie den internationalen Patientenorganisationen EDIN (Ectodermal Dysplasia International Network) wird es 2019 eine Studie geben. Diese Studie hat sich für das PRIME Programm der europäischen Zulassungsbehörde EMA qualifiziert und wird im Laufe dieses Jahres die ersten Patienten aufnehmen.                  

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