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von-Willebrand-Syndrom

Wenn das Blut nicht rasch genug gerinnen will

Blood cells
Blood cells
iStock/spawns

Manche Menschen leiden unter einem speziellen Problem: Ihr Blut gerinnt nicht oder nicht genügend rasch – sie sind aber keine „klassischen Bluter“. Die Hämatologin Ingrid Pabinger-Fasching über das Von-Willebrand-Syndrom.

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Univ.-Prof. Dr. Ingrid Pabinger-Fasching

Professur für Hämostaseologie

Was ist das Von-Willebrand-Syndrom genau?

Das Von-Willebrand-Syndrom ist eine Blutgerinnungserkrankung, in der Häufigkeit ähnlich der Hämophilie, klinisch allerdings meist mit einer nicht so starken Blutungsneigung einhergehend. Hier liegt die Beeinträchtigung eines bestimmten Blutgerinnungsfaktors, eben des Von-Willebrand-Faktors, vor. Aufgabe dieses Faktors ist es, dafür zu sorgen, dass sich die Blutplättchen an die Gefäßwand und aneinander heften. Diese Beeinträchtigung führt dazu, dass die primäre und dauerhafte Blutgerinnung nicht ausreichend funktioniert.

Wer kann betroffen sein?

Im Unterschied zur Hämophilie wird das Von-Willebrand-Syndrom nicht über das Geschlechtschromosom weitergegeben. Das bedeutet, dass beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sind. Dabei gibt es unterschiedliche Schweregrade, wobei die ganz schweren Fälle sehr selten sind. Wesentlich häufiger sind Fälle, wo sozusagen anlassbezogen Probleme auftreten können, nämlich in Situationen, in denen es zu Verletzungen von Blutgefäßen kommt – etwa bei Operationen, Unfällen oder wenn ein Zahn gezogen wird. Frauen können eine starke Regelblutung haben und dadurch beeinträchtigt sein.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Ein Leben mit dem Von-Willebrand-Syndrom stellt heutzutage kein Problem mehr dar, da Betroffene bereits sehr gut therapiert werden können. Bei der Therapie wird der Von-Willebrand-Faktor im Blut erhöht. Dazu kann man Faktorenkonzentrate, die aus menschlichem Plasma gewonnen werden, verabreichen. Darüber hinaus gibt es noch den Wirkstoff Desmopressin, der den Von-Willebrand-Faktor aus Körperzellen freisetzt. Er ist auch als Nasenspray erhältlich.

Die ganz schweren Fälle, in Österreich etwa zehn bis zwanzig, injizieren sich selbst bis zu drei Mal wöchentlich das Gerinnungsfaktorkonzentrat in eine Vene. Die meisten anderen Patienten bekommen nur im Fall einer Operation, einer Verletzung oder einer Blutung eine solche Behandlung. Bei einer starken Monatsblutung können einerseits Hormone, andererseits Medikamente gegeben werden, die die Gerinnung unterstützen und die Auflösung des Blutgerinnsels an der Schleimhaut herabsetzen bzw. kann durch den oben erwähnten Nasenspray der Von-Willebrand-Faktor kurzfristig angehoben werden.

Philipp Jauernik, [email protected]

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