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Cystische Fibrose

Wie die Lunge als Organsystem trainiert wird

Young caucasian man standing in the middle of a prairie with his arms outstretched, enjoying a beautiful sunny day in the nature.
Young caucasian man standing in the middle of a prairie with his arms outstretched, enjoying a beautiful sunny day in the nature.
iStock/SrdjanPav

Trampolinspringen, Blasinstrumente und Active Video Games – das alles kann Betroffenen von Cystischer Fibrose helfen, ihre Lunge zu trainieren. Physiotherapeut Hannes Sucher klärt im Interview über zentrale Fragen dazu auf.

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Hannes Sucher

Physiotherapeut – Wilhelminenspital

Wieso spielt Bewegung bzw. Physiotherapie in der Therapie von Cystischer Fibrose eine so große Rolle?

Körperliche Aktivität ist ganz grundsätzlich für jeden Menschen essenziell. Bei Menschen mit Cystischer Fibrose ist Bewegung aufgrund verschiedener Faktoren noch essenzieller. Das hat einerseits mit der Leistungsfähigkeit des Körpers im Allgemeinen zu tun, aber auch damit, dass durch Aktivität und Sport das Organ Lunge positiv beeinflusst wird. Daher sind Bewegung und Physiotherapie ein wichtiger Behandlungspfeiler für PatientInnen.

Gibt es unterschiedliche Zugänge bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen?

Bei Kindern sollte die Therapie spielerisch gestaltet sein, weil sie dafür viel empfänglicher sind. Eine große Gruppe von PhysiotherapeutInnen empfiehlt außerdem, dass die Familien einen aktiven Lebensstil vorleben. Das wirkt sich positiv auf den Krankheitsverlauf aus!

Wie kann man Betroffene dazu animieren, sich mehr zu bewegen?

Die Motivationsfrage kann man in Altersklassen einteilen. Wenn sich ein Kind per se sowieso gern bewegt, dann wäre es die Aufgabe der Eltern, dies zu unterstützen bzw. Bewegung in die Alltagsaktivitäten miteinzubauen. Schwieriger wird es dann im Teenageralter, weil die Betroffenen vieles anders als ihre Eltern machen wollen. Natürlich muss man auch hier immer individuell herausfinden, was zum Jugendlichen am besten passen könnte. Das können zum Beispiel Fitnessapps, Fitnesstracker oder Active Video Games sein. Im Übrigen wurden gute Ergebnisse in Lungenfunktionstests erzielt, wenn Kinder bzw. Jugendliche singen oder auch ein Blasinstrument spielen. Das ist eine weitere Möglichkeit, die Lunge als Organ zu trainieren.

Wäre das auch eine Maßnahme, die unter das Stichwort Atemphysiotherapie fällt?

Im weitesten Sinne, ja. Während man bei einer klassischen Atemphysiotherapie gezielt versucht, ein Sekret in der Lungenregion zu mobilisieren sowie mit gewissen Techniken die Atemmuskulatur zu kräftigen, kann das ein Blasinstrument natürlich nicht gewährleisten. Aber alles, was die Muskulatur, den Atemfluss und die Atemtechnik positiv beeinflusst, ist gut für die Betroffenen. Und darunter fallen auch Sport und Bewegung.

Welche Sportarten eignen sich denn hier besonders gut?

Ich würde sagen, alle! Aber auch hier muss man individuell auf die Betroffenen eingehen. Kontakt- und Kampfsportarten sind nicht für alle empfehlenswert. Schließlich muss man darauf achten, was denn die Betroffenen selber gern machen würden und auch können.

Wie findet man als Elternteil den richtigen Sport für das eigene Kind?

Ganz einfach – indem man das Kind beobachtet. Wenn Familien mit betroffenen Kindern Haus und Garten haben, gehört das Trampolin fast schon zum Standardrepertoire. Das schult die Koordination und wirkt sich positiv auf Knochendichte und Atmung aus. Im weitesten Sinne kann man das auch als atemtherapeutische Intervention sehen.

Wenn Kinder bzw. Jugendliche in einem Sportverein aktiv sein wollen, muss man dann als Elternteil Aufklärungsarbeit leisten?

Das wird von den Familien individuell gehandhabt. Viele möchten es gar nicht nach außen tragen, weil sie Angst haben, stigmatisiert zu werden. Bei einigen Aspekten ist es aber wichtig aufzuklären. Etwa über die Hygiene bzw. Feuchtkeime in Sportstätten oder auch über mögliche Hygienerisiken im Reitsport.

Sie haben auch einen etwas anderen spielerischen Zugang zum Thema Cystische Fibrose und Physiotherapie über Active Video Games gefunden, oder?

Genau! Active Video Games sind vor allem dann sehr hilfreich, wenn sie während eines stationären Aufenthaltes eingesetzt werden. Wenn etwa Kinder aufgrund der Keimsituation isoliert werden müssen oder an Antibiotika-Infusionen hängen, dann sind Active Video Games eine geschickte und tolle Lösung. Dadurch kann Mobilisierung und Bewegung stattfinden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man Kinder in einer – sonst körperlichen sehr schlechten Situation – dadurch zu Höchstleistungen motivieren kann!

AT-20-1900065

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