Dr. Astrid Eisenkölbl
Neuropädiaterin OÄ
Junge Erwachsene mit Spinaler Muskelatrophie (SMA) im Transitionsprozess in den Mittelpunkt zu stellen – das wünscht sich die Neuropädiaterin OÄ Dr. Astrid Eisenkölbl.
Was bedeutet Transition im medizinischen Kontext und worin sehen Sie die Herausforderungen für Jugendliche oder junge Erwachsene?
Unter Transition versteht man den Prozess der Übergabe von Patient:innen von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin. Dank der heute verfügbaren Therapien ist ein Erwachsenwerden für Kinder und Jugendliche mit seltenen Erkrankungen und insbesondere für SMA-Patient:innen überhaupt erst möglich. Das ist ein großer medizinischer Fortschritt! Gleichzeitig besteht für Patient:innen die Herausforderung eine geeignete Ansprechperson im Erwachsenenbereich zu finden, damit sie sich gut betreut fühlen.
Was braucht es aus Ihrer Sicht als betreuende Ärztin für eine optimale Transition und wer sollte daran beteiligt sein?
Im Idealfall steht der/die Patient:in im Mittelpunkt. Gerade SMA-Patient:innen sind auf die Hilfe ihrer Familie angewiesen. Daher spielen auch die Eltern eine große Rolle. Von medizinischer Seite sind einerseits die Neuropädiatrie beteiligt und im Erwachsenenbereich ein entsprechendes Pendant. Wobei hier bereits eine erste Schwierigkeit besteht: In der Pädiatrie vereinen wir all jene Bereiche, die in der Erwachsenenmedizin auf mehrere Fachgebiete wie Kardiologie, Pulmologie oder Orthopädie aufgeteilt sind. Das bedeutet, dass wir im Transitionsprozess eine:n Erwachsenenmediziner:in brauchen, der/die sich zuständig fühlt. Es ist wichtig, dass der Transitionsprozess auf geordnete Art und Weise stattfindet. Leider hängt das momentan wirklich vom Engagement einzelner Personen ab.
Wie kann die Transition in Zukunft gut oder eben besser gelingen?
Dazu sind politisches Commitment sowie eine Veränderung der Wahrnehmung hinsichtlich des Themas Transition nötig. Bereits im Studium sollte in den einzelnen Unterrichtsfächern verstärkt über Transition gelehrt werden. Dasselbe gilt für die Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt. Es braucht sicherlich auch eine Art der Finanzierung, denn die Transition ist nicht mit einem Gespräch abgetan, sondern sollte ein Prozess sein, der mehrere Jahre dauert. Im besten Fall kann dieser etwa ab dem 16. Lebensjahr beginnen und ermöglicht über mehrere Termine hinweg ein Kennenlernen der Erwachsenenmedizin. Dafür bedarf es jedoch einer gewissen Finanzierung, damit sich auch von Betreuungsseite ausreichend Zeit genommen werden kann.
Gibt es Beispiele besonders erfolgreicher Transitionsprozesse?
Im Bereich der Betreuung von jungen Erwachsenen mit Epilepsie funktioniert der Transitionsprozess bereits sehr gut, auch weil man hier kein so großes Team wie bei der SMA benötigt. Für Patient:innen mit Muskelerkrankungen ist das schwieriger. Mein Traum wäre ein kleines „Transitionshaus“. An diesem Ort kämen alle beteiligten Disziplinen und Ansprechpersonen der Kinder- und Erwachsenenmedizin zusammen zur Patientin/zum Patienten – und nicht umgekehrt, wie es derzeit der Fall ist.