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Neuromuskuläre Erkrankungen

Neuromuskuläre Erkrankungen: Wissen hilft Betroffenen und Medizinerinnen und Medizinern

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In Österreich leben etwa 20.000 Menschen mit einer Muskelerkrankung, mehr als die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Die Diagnose bedeutet häufig zunehmender Verlust der Mobilität und eingeschränkte Lebenserwartung. Doch auch die Eltern sind mit einem langen Leidensweg konfrontiert, vor allem bis bei ihrem Kind die finale Diagnose gestellt wird. Für eine frühestmögliche Diagnose von Muskelerkrankungen ist es notwendig, dass Kinderärztinnen und -ärzte aber auch Allgemeinmediziner:innen die für diese seltenen Erkrankungen typischen Symptome kennen und deuten können. „Je früher Eltern bei Verdacht auf eine Muskelerkrankung mit ihrem Kind einen neurologisch spezialisierten Kinderarzt oder eine Muskelspezialambulanz aufsuchen, umso rascher kann mit einer individuellen Betreuung begonnen werden, die dazu beiträgt, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern“, weiß Prim. Univ.-Prof. Dr. Günther Bernert, Präsident der Österreichischen Muskelforschung (gemeinnütziger Verein zur Erforschung von Muskelkrankheiten bei Kindern und Erwachsenen). 

Prim. Univ. Prof. Dr. Günther Bernert

Neuropädiater, Präsident Österreichische Muskelforschung

Wissen hilft!
Eine essenzielle Unterstützung für Betroffene und deren Familien aber auch für Ärztinnen und Ärzte besteht darin, Zugang zu den aktuellsten Informationen zu Muskelerkrankungen und den Therapiemöglichkeiten zu haben. „Eine wichtige Aufgabe sieht die Muskelforschung in der Vermittlung von Wissen über neuromuskuläre Erkrankungen und über den aktuellen Stand der Forschung“, erklärt Bernert. Mit MUSCULUS, der Videoenzyklopädie der Österreichischen Muskelforschung, steht allen Interessierten online die Möglichkeit zur Verfügung, sich über viele Themen rund um neuromuskuläre Erkrankungen zu informieren, ganz nach dem Motto „Wissen hilft“. Darüber hinaus veranstaltet die Österreichische Muskelforschung jedes Jahr eine Tagung, an der auch Betroffene und Angehörige kostenfrei teilnehmen können, um sich auf den neuesten Stand hinsichtlich der Forschung bei Muskelkrankheiten zu bringen. 

Früherkennung der Erkrankung erhöht Wirksamkeit von Therapien
Auch bisher schon konnten Krankheitsverlauf und Lebenserwartung durch medikamentöse, respiratorische, kardiale, orthopädische und rehabilitative Maßnahmen verbessert werden. In den letzten Jahren kamen in Österreich zusätzlich die ersten kausalen Therapien für die häufigsten Muskelerkrankungen auf den Markt. Damit kommt der Früherkennung noch mehr Bedeutung zu als bisher – gilt es doch, wertvolle Therapiefenster nicht zu versäumen. 

Case Management genauso wichtig wie der Einsatz innovativer Therapien
Alle innovativen Therapien setzen voraus, dass „Standards of Care“ umgesetzt werden, d. h., dass Begleit- und Folgeerkrankungen der Muskelkrankheiten, die andere Organsysteme wie Herz, Lunge, Skelett, Verdauung und Ernährung und psychische Gesundheit betreffen, erkannt und behandelt werden. „Die Umsetzung der Standards of Care ist schon in der Kinderheilkunde eine Herausforderung, aber in der Erwachsenenmedizin oft schwer umsetzbar“, so Bernert. Die für das Gelingen des Übergangs in die Erwachsenenmedizin aber auch schon davor extrem wichtige Berufsgruppe der Case Manager:innen ist im österreichischen Gesundheitssystem nicht verpflichtend vorgesehen und wird somit auch nicht finanziert. „Die Implementierung und Finanzierung von Case Management für Menschen mit einer Muskelerkrankung ist als Zukunftsaufgabe genauso wichtig wie der Einsatz innovativer Medikamente“, sagt Bernert. 

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