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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Die unbekannte Lungenkrankheit – der Alpha1-Antitrypsin-Mangel

Alpha1-Antitrypsin-Mangel
Alpha1-Antitrypsin-Mangel
iStock/newannyart

Im Gegensatz zu Lungenkrankheiten wie COPD und Raucherlunge ist der Alpha1-Antitrypsin-Mangel vielen Menschen unbekannt. Wie gefährlich dieser ist und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, darüber spricht im Interview Dr. Karin Schmid-Scherzer, Fachärztin für Lungenkrankheiten.

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OÄ Dr.in Karin Schmid-Scherzer

Fachärztin für Lungenkrankheiten, Wilhelminenspital Wien Foto: www.mediendienst.com | © Foto Wilke

Worum genau handelt es sich beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel handelt es sich um eine genetisch verursachte Erkrankung, bei der aufgrund des falschen Genmusters die Substanz Alpha-1-Antitrypsin in der Leber falsch oder zu wenig gebildet wird. Dieser Stoff stellt ein Gegenstück zu eiweißspaltenden Stoffen dar.

Da die Lungenstruktur zu einem Großteil aus Eiweiß aufgebaut ist, geht im Falle eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels deren Struktur kaputt und ist in weiterer Folge Ursache für die Entstehung eines Emphysems. Dadurch entsteht ein ähnliches klinisches Bild wie bei einer COPD-Erkrankung, mit dem Unterschied dass sie früher auftreten und auch NichtraucherInnen betreffen kann.

Ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel kann im Säuglings- oder Kleinkindalter als Leberproblem auftreten, bei jungen Erwachsenen als Lungenproblem oder sich als Unterhautentzündung manifestieren.

Wie kann diese Krankheit diagnostiziert werden?

Die häufigste Symptomatik für einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist, ähnlich wie bei schwerem Asthma, die Belastungsatemnot. Aufgrund des seltenen Auftretens eines Alpha-1-Antitrypsin-Manges werden Betroffene oft zunächst als AsthmatikerInnen behandelt. Dies kann zur Folge haben, dass bis zur schlussendlich richtigen Diagnose Jahre vergehen, in denen die Krankheit weiter fortschreitet und die Lunge in der Zwischenzeit stärker geschädigt wird.

Darum ist ein rasches Erkennen der Krankheit von großer Bedeutung. Um den Mangel diagnostizieren zu können muss eine Blutabnahme erfolgen, damit der Alpha-1-AntitrypsinSpiegel bestimmt werden kann. Ist dieser niedrig, wird in weiterer Folge eine genetische Untersuchung durchgeführt, um das Genmuster festzustellen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine chronische Erkrankung, eine Heilung gibt es leider nicht. Man kann lediglich die Zerstörung des Lungengerüsts stoppen, dieses aber nicht wieder ergänzen, da es unwiederbringlich verloren ist. Die Behandlungsmethode ist dabei die gängige obstruktive, bronchienerweiternde beziehungsweise entzündungshemmende Therapie.

Dabei handelt es sich in der Regel um inhalative Medikamente, dazu gibt es zusätzlich eine so genannte Substitutionstherapie. Diese kommt unter Einhaltung bestimmter Vorgaben, etwa strenges Rauchverbot und bei passenden Genotyp zum Einsatz. Bei dieser Therapieform wird das im Körper zu wenig vorhandene Alpha1-Antitrypsin mit Hilfe von individuell angepassten Infusionen ersetzt.

Was passiert, wenn die Krankheit zu spät diagnostiziert wird?

Bei fortgeschrittener Krankheit, beziehungsweise bei sehr später Diagnose, kann eine Lungentransplantation notwendig sein, da hier auch die Substitutionstherapie nicht mehr den nötigen Erfolg bringt. Das zeigt, wie entscheidend eine rasche Diagnose ist. Diese ist aber vor allem deshalb schwierig, weil die Krankheit sehr selten ist. In Österreich sind derzeit nur etwa 250 Fälle bekannt, wobei die Dunkelziffer wohl zehnmal so hoch liegen dürfte.

Es ist daher wichtig, das Wissen um die Krankheit Alpha-1-AntitrypsinMangel auch bei möglichen Betroffenen zu schärfen. Habe ich die Befürchtung, davon betroffen zu sein, sollte ich in jedem Fall einen Lungenfacharzt aufsuchen und ihn oder sie dezidiert auf diese Krankheit ansprechen. Da es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, macht es auch Sinn auf mögliche Krankheitsfälle in der eigenen Familie zu achten.

Michael Reiter, [email protected]

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