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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Alpha 1: Frühe Diagnose und Beratung helfen

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Die Lungenfachärztin Dr. Karin Schmid-Scherzer klärt im Interview über das Krankheitsbild des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels auf und unterstreicht die Wichtigkeit von frühen Diagnosen für Beratungs- und Therapieangebote.

Dr.in Karin Schmid-Scherzer

Fachärztin für Lungenkrankheiten

Was steckt hinter dem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel? Wie äußert sich die Erkrankung?

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ähnelt dem Krankheitsbild einer COPD. Das heißt, Menschen mit diesen Erkrankungen leiden unter anderem an Atemproblemen, Husten oder Atemnot bei Belastung. Im Unterschied zu einer durch Nikotinkonsum erworbenen COPD ist der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel genetisch bedingt und wird oftmals schon früher symptomatisch. Dabei kann das Antitrypsin seiner Hauptaufgabe, nämlich als Regulator für eiweißspaltende Enzyme zu agieren, nicht nachkommen. Das führt in weiterer Folge dazu, dass Lungengewebe zerstört wird. Man kann sich die Lunge im Normalfall wie einen feinporigen Schwamm vorstellen. Wenn aber nun durch den Alpha-1-Antitrypsin-Mangel die Wände zerstört werden, wird daraus ein grobporiger Schwamm, was mit einer Einschränkung der Lungenfunktion einhergeht.

Wie sieht die aktuelle Situation in Österreich aus? Welche Zahlen zu Betroffenen gibt es bzw. leben viele Menschen mit einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, ohne es zu wissen?

Es gibt leider eine große Dunkelziffer, die wir versuchen zu verringern. Laut Statistik müssten in Österreich in etwa 2000 Menschen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel leben. Derzeit kennen wir allerdings nur rund 360 Betroffene. Wir sensibilisieren LungenfachärztInnen vor allem dahingehend, bei einem COPD auch an die Möglichkeit eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels zu denken.

Bedeutet das auch, dass Betroffene in der Regel lange Diagnosewege hinter sich haben?

An und für sich benötigt es in erster Linie für den Alpha-1-Antitrypsin-Mangel keine spezielle Untersuchung, die Erkrankung kann über eine Blutabnahme festgestellt werden. Gibt es Auffälligkeiten, empfehlen wir in eines der neun Zentren in Österreich zu kommen, damit weitere Untersuchungen durchgeführt werden können.

Nicht jeder Verlauf ist gleich. Das Alpha Care Programm bietet ein gutes Auffangsystem.

Wie geht es PatientInnen mit der Diagnose – wie erleben Sie dies als Ärztin?

Die Menschen haben natürlich bereits ein Krankheitsgefühl. PatientInnen, die geraucht haben, sind dabei deutlich mehr eingeschränkt als jene, die nicht geraucht haben. Wir kennen Menschen, die bereits zwischen 35 und 45 Jahren symptomatisch sind und vielleicht eine Lungentransplantation benötigen. Oftmals ist die Diagnose psychisch schwer zu verkraften – auch weil vielleicht der Beruf dann überhaupt nicht mehr oder nicht mehr in der Form wie früher ausgeübt werden kann. Aber nicht jeder Verlauf ist gleich! Glücklicherweise haben wir mit dem Alpha Care Programm für PatientInnen ein gutes Auffangsystem aufgebaut. Darüber hinaus gibt es auch eine aktive PatientInnen-Gruppe. Es gibt Treffen und Workshops, wobei oftmals auch die Familie mitbetreut wird. Denn die Einschränkungen für PatientInnen können ihr ganzes Umfeld betreffen – und das gehört mitbetreut.

Laut Statistik müssten in Österreich etwa 2000 Menschen von der Erkrankung betroffen sein.

Was bedeutet die Diagnose konkret für die Lebensqualität von PatientInnen?

Auch hier gibt es ein breites Spektrum. Tatschlich hängt auch dies mit dem Rauchen zusammen. Denn die Rauchinhaltsstoffe reduzieren das ohnehin zu geringe Alpha-1-Antitrypsin funktionell noch weiter. Das heißt, Betroffene sind dann doppelt gefährdet. Sollte es zu einer Substitutionstherapie, also einer wöchentlich Ersatztherapie mit Medikamenten via Infusion, kommen, müssen die PatientInnen aufhören zu rauchen. PatientInnen, die nicht rauchen, sind in der Regel weniger stark beeinträchtigt und es kommt kaum zu einer Lungentransplantation. Aber auch hier haben wir unterschiedliche Fälle. Ein Alpha-1-Patient hat zum Beispiel nach einer Lungentransplantation an einer geführten Expedition auf den Kilimandscharo teilgenommen. Man darf also nicht alles schwarz-weiß sehen, denn es gibt viele Graubereiche dazwischen.

Warum ist also eine frühe Diagnose zusammengefasst wichtig?

So kann frühzeitig eine entsprechende Beratung angeboten und gegebenenfalls auch frühzeitig eine Substitutionstherapie begonnen werden. Natürlich erleben Menschen bei der Diagnose einen „Dämpfer“ – daher sind Unterstützung und ein gutes Netzwerk essenziell.

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