Home » News » CTX – Symptome, Diagnose und Therapie einer sehr seltenen Stoffwechselerkrankung
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Im Interview stellt die Oberärztin Dr. univ. med. Vassiliki Konstantopoulou von der Kinderklinik der Medizinischen Universität Wien die seltene Stoffwechselerkrankung Cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX) vor.

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Dr. med. univ. Vassiliki Konstantopoulou

Oberärztin von dem Bereich Angeborene Stoffwechselstörungen an der Kinderklinik der Medizinischen Universität Wien © Foto: MedUni Wien/Matern

Woran ist erkrankt, wer die Diagnose CTX erhält?

An einer angeborenen und vererbbaren Stoffwechselstörung, die Cerebrotendinöse Xanthomatose. Ursachen dafür sind Veränderungen im CYP27A1-Gen, das auf dem Chromosom 2q35-q sitzt. Die Störung beeinflusst die Verarbeitung der Gallensäuren im Körper. CTX ist eine sogenannte multisystemische Erkrankung, sie betrifft mehrere Organsysteme und ist nicht nur auf eine einzige Körperregion beschränkt.

Wie zeigt sich CTX?

Nach der Geburt zeigt sich die Stoffwechselerkrankung CTX oft mit einem länger anhaltenden Gallenstau, der zu erhöhten Werten vom Gelbfarbstoff führt und sich biochemisch von der normalen Neugeborengelbsucht unterscheiden lässt. Im weiteren Krankheitsverlauf gehören zur Krankheit CTX Symptome wie immer wiederkehrende, andauernde Durchfälle und/oder eine beidseitige Linsentrübung der Augen.

Ab dem 10. Lebensjahr kommt es typischerweise zu Fettablagerungen entlang der Sehnen (sogenannte Xanthome). Im späteren Lebensalter beobachten wir fortschreitende neurologische Symptome wie Krampfanfälle, Entwicklungsverzögerungen, Gleichgewichtsstörungen, Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsprobleme, Zeichen einer Demenz sowie auch psychiatrische Auffälligkeiten im Sinne von Verhaltensänderungen.

Auch vorzeitige Arterienverkalkung, sprich: Arteriosklerose, und Herzkreislauferkrankungen sind typische Symptome.

Was sind die Ursachen für die Erkrankung CTX?

Wegen der krankheitsauslösenden Genveränderung kommt es zu einer mangelhaften Herstellung vom Enzym Sterol-27-Hydroxylase, die in einer Unterbrechung der Gallensäureproduktion im Cholesterinstoffwechsel resultiert, so dass Cholesterin nicht in Gallensäuren umgewandelt werden kann.

CTX gilt als seltene Krankheit: Wie viele CTX-PatientInnen gibt es in Österreich, wie viele neue kommen jährlich hinzu?

Die Häufigkeit in Europa liegt bei 1:135.000 bis 1:146.000, im Vergleich dazu in Asien bei 1:36.000 bis 1:75.000. In Österreich sind vereinzelte Fälle bekannt.

Sollten Eltern, die den Verdacht hegen, dass ihr Kind an CTX erkrankt sein könnte, es daraufhin untersuchen lassen?

Bei einem Verdacht sollte eine Diagnostik sobald als möglich in die Wege geleitet werden, denn je früher die Diagnose steht, desto höher ist die Effizienz der Therapie. Es gibt Berichte von unauffälligen Betroffenen, die bei frühzeitiger Behandlung weiterhin ohne Krankheitszeichen geblieben sind.

Wie ist der Krankheitsverlauf?

Es handelt sich, wie bereits beschrieben, um eine fortschreitende Erkrankung, schlussendlich der weißen Substanz im Gehirn, mit zunehmend neurologischer Symptomentwicklung.

Was passiert, wenn CTX nicht erkannt und therapiert wird?

CTX kann unbehandelt zu einer verkürzten Lebenserwartung führen, die nach heutigem Erkenntnisstand zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr liegt.

Wer erkrankt typischerweise an CTX?

Je nach Ausprägung der CTX und der individuellen Symptome wird die geschlechtsunabhängig, autosomal rezessiv vererbte Krankheit sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter festgestellt.

Wie wird CTX diagnostiziert?

CTX lässt sich heute mit spezifischen diagnostischen Tests im Blut und Harn diagnostizieren; zudem auch im Trockenblut, ähnlich wie es für die Durchführung des Neugeborenen-Screenings bereits gemacht wird.

Stimmt es, dass CTX und Grauer Star, wie er im Alter häufig auftritt, schwer voneinander abzugrenzen sind?

Es gibt zwar verschiedene Arten vom Grauen Star, die die Verdachtsdiagnose einengen können, alarmierend sollte jedoch das Auftreten des Grauen Stars – oft als Erstsymptom – im jungen und jüngeren Alter sein.

Die Diagnose seltener Krankheiten ist wichtig, denn sie bringt PatientInnen – oft nach einer langen Odyssee – Sicherheit insofern, als dass ein positiver Befund ihren Symptomen endlich einen Namen gibt

Wie wird CTX therapiert?

Zur Behandlung von CTX haben sich Medikamente bewährt, die die Substanzen ersetzen, die infolge des Gendefekts im Körper fehlen. Derzeit ist die Therapie der Wahl der Einsatz von Chenodesoxycholsäure (CDCA), die oral eingenommen wird und zu einer Stabilisierung der Krankheit führt. Zusätzlich können Statine (HMG-CoA-Reduktasehemmer) – normalerweise indiziert bei erhöhtem Cholesterin im Blut – eingesetzt werden.

Cholsäure wird selten als Alternativpräparat empfohlen. Ob PatientInnen von einer LDL-Apherese (sogenanntes Blutreinigungsverfahren) profitieren, wird in der Fachliteratur noch immer kontrovers diskutiert. Grundsätzlich gilt für CTX wie für jede behandelbare Krankheit: Je früher die Diagnose gestellt wird, desto effizienter wirkt die Therapie. Bei CTX kommt es im Kindesalter eingesetzt nachweislich zum Aufhalten der Symptomentwicklung.

Aufhalten heißt aber nicht heilen – ist die Erkrankung CTX heilbar?

Nein.

Was bedeutet die Diagnose CTX für Betroffene in Bezug auf ihr alltägliches Leben? Muss man mit Einschränkungen rechnen – falls ja: Welcher Art?

Mit der gesicherten Diagnose ändert sich das Leben der CTX-Betroffenen: Sie sind als chronisch krank erkannt worden. Damit verbunden ist die Betreuung an einem Zentrum für angeborene Stoffwechselerkrankungen mit interdisziplinärem Setting und regelmäßigen klinischen und apparativen Kontrollen. Das bedeutet schon eine Einschränkung des Alltags.

Die Lebensqualität der PatientInnen mit CTX hängt von dem Alter zum Zeitpunkt der Symptommanifestation und in Folge der Diagnosestellung ab. Bis zur sicheren Diagnose kann es aufgrund der Seltenheit der Erkrankung in der Regel einige Jahre dauern. Wie oben bereits erwähnt, hängt die Effizienz der CTX-Therapie vom Zeitpunkt der Diagnosestellung ab.

Eine letzte Frage: Wie wichtig ist das Bekanntmachen solch seltener Krankheiten wie CTX und MPS (siehe Kasten)?

Die Diagnose seltener Krankheiten ist wichtig, denn sie bringt PatientInnen – oft nach einer langen Odyssee – Sicherheit insofern, als dass ein positiver Befund ihren Symptomen endlich einen Namen gibt. Zugleich öffnet die Diagnose die Tür zur Therapie, die bestenfalls effizient wirkt.

Mögliche Symptome

Im Säuglings- und Kleinkindalter:
Verlängerte Neugeborenengelbsucht
Chronischer Durchfall
Gallensteine
Leberfunktionsstörungen
Im Schulkindalter:
Beidseitiger Grauer Star
Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
Entwicklungsverzögerung
Epilepsie Lernschwäche
Im Erwachsenenalter:
Gangstörungen
Vorzeitige Osteoporose
Psychiatrische und neurologische Auffälligkeiten
Xanthome (geschwulstartige Verdickungen an Knie, Achillessehne, Ellenbogen, Händen oder Hals)
Frühzeitige Arterienverkalkung
Kardiovaskuläre Probleme

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