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Transition

Lost in Transition?

Happy child is coming to clinic with mother for consultation
Happy child is coming to clinic with mother for consultation
iStock/YakobchukOlena

In Österreich gibt es (noch) kein einheitliches Konzept der Transition. Die Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin Sophie-Helene Hemberger berichtet dazu aus ihrem Arbeitsalltag.

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Sophie Helene Hemberger

Klinische- und Gesundheitspsychologin

Was können Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung in der Transition chronisch kranker Kinder und Jugendlicher von der Pädiatrie in die Erwachsenmedizin erzählen?

Das Thema Transition beschäftigt das Spitalswesen in Österreich schon seit etlichen Jahren. Es gibt viele einzelne Initiativen und Projekte, die sich mit der aktuellen Situation beschäftigen und dabei sind, einerseits den Ist-Stand zu erheben und andererseits Verbesserungen anzustreben. Allerdings gibt es in Österreich kein einheitliches Transitionskonzept. Und auch die Zusammenarbeit zwischen Pädiatrie und Erwachsenenmedizin gestaltet sich nach wie vor oftmals sehr schwierig, weil die Ressourcen sowohl personell als auch finanziell begrenzt sind – auch, um sich diesem Thema in der Intensität zu widmen, die es dafür eigentlich brauchen würde. Da sich in den letzten Jahrzehnten die medizinische Versorgung stetig verbessert hat, ist für viele PatientInnen, die früher aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung das Erwachsenenalter nicht oder mit vielen Einschränkungen erreicht haben, heute eine Integration in ein alltägliches Leben möglich geworden.

Was ist der größte Problembereich?

Eine der größten Herausforderungen beim Wechsel von der Pädiatrie an die Erwachsenenmedizin liegt bestimmt darin, dass wir in der Pädiatrie mehr Ressourcen für zahlenmäßig weniger PatientInnen haben. Ein multiprofessionelles Team betreut PatientInnen und ihre Familien ab Erkrankungsbeginn teilweise von Geburt an über viele Jahre sehr intensiv. Dieser kindzentrierte und familienorientierte Ansatz steht in der Erwachsenenmedizin einem krankheitsspezifischen und personenzentrierten Setting gegenüber. Dieses sehr familiäre Setting beispielsweise an der pädiatrischen Nephrologie trifft dann im Erwachsenenbereich auf ein häufig wechselndes Team und ein Vielfaches mehr an PatientInnen. Die gewohnte familiäre Versorgung ist dort einfach nicht mehr möglich. Was ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Selbstmanagement, aber auch Wissen über die eigene Erkrankung und die Medikamente voraussetzt oder benötigen würde.

Sie haben angesprochen, dass es kein einheitliches Konzept gibt. Wie müsste denn ein solches konkret aussehen?

Es geht darum, PatientInnen zu eigenständigen und selbstsicheren ExpertInnen ihrer Erkrankung zu machen. Dabei sind vor allem die Bereiche Krankheits- und Medikamentenwissen, Selbstmanagement, Autonomieentwicklung, eine stabile gesundheitliche Situation sowie eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung und die Bereitschaft zur Transition unerlässlich. Der richtige Zeitpunkt für die Transition ist sehr variabel. Hier kommt der Begriff Transitionsbereitschaft ins Spiel. So können manche 18-Jährige ihre Erkrankung vielleicht schon sehr gut managen, während einige 23-Jährige sich damit noch schwertun. Die Frage ist immer, ob PatientInnen die kognitiven Fähigkeiten und die persönliche Reife haben sowie die Therapietreue halten können. Und natürlich müssen sie einen stabilen Gesundheitszustand haben. Niemand sollte etwa vor einer Nierentransplantation oder einem Dialyse-Start abgegeben werden.

Welche Ergebnisse haben Sie in Ihren Projekten erhalten?

Wir haben in den letzten Jahren viele internationale Kongresse besucht, uns mit anderen Teams und deren Projekten innerhalb der Europäischen Union ausgetauscht und dabei unterschiedliche Systeme kennengelernt. In unserem Projekt selbst haben wir über eineinhalb Jahre intensiv mit einer PatientInnengruppe gearbeitet, und sie bei ihrem Wechsel in die Erwachsenenmedizin begleitet. Oft hören wir im Zusammenhang mit dem Thema des Wechsels von der Pädiatrie zur Erwachsenenmedizin den Satz „Lost in Transition“, was aussagen will, dass die PatientInnen im Laufe der ersten Jahre im System „verloren“ gehen, also eine weitere kontinuierliche medizinische Betreuung nicht optimal gegeben ist, was häufig zu massiven medizinischen Komplikationen führt. Eine andere PatientInnengruppe ist im Zuge dieser Studie weiter an der Pädiatrie betreut worden. Diese Gruppe konnte im Anschluss an einem Tages-Workshop teilnehmen, in den das Konzept der eineinhalb-jährigen Begleitung integriert wurde. Auch dabei haben wir schöne Ergebnisse erhalten, aber natürlich drängt sich hierbei die Frage der Nachhaltigkeit auf. Eine Kombination aus Workshop und anschließender individueller Betreuung wäre aus unserer Sicht optimal.

Was bräuchte es nun für die Zukunft?

Es braucht vor allem Multiprofessionalität. Wir dürfen nicht nur unser eigenes Süppchen kochen. Zusätzlich zu Medizin oder Psychologie brauchen wir auch noch andere Disziplinen und gute Kooperationspartner in der Erwachsenenmedizin. Außerdem braucht es auch finanzielle Ressourcen und natürlich auch Menschen, die engagiert sind und sich der Transition intensiv widmen wollen und können.

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