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Eine neue Genersatztherapie ermöglicht eine innovative Behandlung von Kindern mit spinaler Muskelatrophie (SMA). Der Experte Dr. Hardo Fischer erklärt, was daran so bemerkenswert ist.

Dr. Hardo Fischer

Regional Medical Director AveXis, Inc. © Foto: belle&sass

Was ist eigentlich Gentherapie und wie wirkt sie?

Gentherapie bewirkt im Körper etwas Wichtiges und kann die Steuerung all unserer körperlichen Abläufe verändern. Doch sie geht noch viel weiter! Denn es gibt unterschiedliche Arten: So kann ein Gen ruhiggestellt werden, damit ein krankmachendes Protein nicht mehr produziert wird. Ein Gen kann auch verstärkt werden und so besser arbeiten. Ein Gen, das nicht funktioniert, kann herausgeschnitten werden. Und es gibt den Genersatz, dabei wird dem kaputten Gen ein funktionierendes Gen zur Seite gestellt. Dieses Prinzip wenden wir bei der Spinalen Muskelatrophie (kurz: SMA) an.

Wie funktioniert diese neu entwickelte Genersatztherapie?

Wir haben ein künstlich hergestelltes Gen entwickelt, das mit dem körpereigenen identisch, aber mit ein paar Zusätzen ausgestattet ist, sodass es stabil in der Zelle bleiben kann. Wir ändern nichts an den Chromosomen, sondern geben nur etwas hinzu, das im Zellkern arbeiten kann. Das ist gerade für eine sehr seltene Form der SMA, nämlich der SMA Typ 1, von besonderem Vorteil. Denn bei dieser seltenen Erkrankung ist genau ein Gen defekt. Das notwendige Protein, um die Motoneuronen zu versorgen, liegt daher nicht vor. Wir fügen dieses synthetisch hergestellte Gen dem Körper hinzu und platzieren es im Zellkern. Dort wird das Gen abgelesen und das Protein hergestellt. Bereits zwei Tage nach der Infusion wirkt die Genersatztherapie.

Wie oft muss diese Therapie verabreicht werden?

Nach heutigem Wissen muss diese Therapie nur ein einziges Mal durchgeführt werden. Das ist natürlich sehr angenehm für die PatientInnen und deren Familien. Wir packen das Gen in einen Vektor. Stellen Sie es sich wie ein Briefkuvert vor. Dieses Briefkuvert kennt jedoch nicht nur die Adresse, sondern auch die Türnummer. Das Gen kommt so nicht nur in der richtigen Zelle, sondern dort sogar im Zellkern an. Dieser Vektor basiert auf einem Virus. Wir haben uns von Mutter Natur nur die Hülle dieses Virus geborgt und alles, was krank machend oder gefährlich ist, entfernt. Daher wird auch kein Kind durch diese Infusion krank. Je früher die Therapie verabreicht werden kann, desto besser sind die Erfolgschancen, weil es noch keine Vorschädigungen gibt. Daher ist es sehr wichtig, dass SMA in das Neugeborenen-Screening aufgenommen wird.

Avexis hat ein Härtefallprogramm für Kinder, die außerhalb der USA leben, gestartet. Warum?

Wir haben uns entschlossen, ein Programm zu starten, um der steigenden Nachfrage von Familien außerhalb der USA, wo die Zulassung aktuell fehlt, gerecht zu werden. Durch das Härtefallprogramm versuchen wir, eine möglichst gerechte weltweite Verteilung zu erreichen.

Wie funktioniert das Programm?

Aktuell gibt es nur einen Standort für die Herstellung, wobei eine Charge acht Monate in Produktion ist. Daraus ergeben sich Einschränkungen in der Verfügbarkeit. In einem dreistufigen Auswahlprozess, der auf den Prinzipien der Fairness, des klinischen Bedarfs und der globalen Zugänglichkeit basiert, erfolgt eine verblindete Auswahl. Aus unserer Sicht ist das derzeit die einzige Möglichkeit fair zu agieren.

Jahrzehnte an Forschungsarbeit liegen bereits hinter Ihnen. Was erwarten Sie für die Zukunft?

Zunächst erwarten wir die Zulassung für Genersatztherapie noch in diesem Jahr für Europa. Es ist viel passiert – Fehlschläge und glücklicherweise auch viele Erfolge. Unser Vektor-System kann auch für andere Erkrankungen mit nur einem Gendefekt in Frage kommen, darunter das Rett-Syndrom oder die amyotrophe Lateralsklerose (ALS).

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